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VERTIGO 16. Februar - 5. April 2008
CHRISTL MUDRAK
Zone II (installative Malerei)



© Christl Mudrak, Zone, 2007, installative Malerei, Acrylfarbe und Dispersion auf Papier, Kunststofffolien und Teppich, 7 x 2,8 x 3 m (Ausschnitt)

PROGRAMMÜBERBLICK

* Do., 21. Februar 2008, 19 Uhr
FIELD Diskurslaboratorium

Vertigo – Schwindel als Phänomen in Kunst und Wissenschaft“
TeilnehmerInnen:
Dr. Michael von Brevern (Neurologe ), Dr. Thomas Götz (Psychiater), Andreas Hiepko (freier Philologe), Dr. Jeannot Simmen (Kunsthistoriker) und Christl Mudrak (Künstlerin)
Eintritt frei

* Do., 13. März 2008, 19:30 - 21 Uhr
FIELD Workshop

Der Körper als Wahrnehmungsinstrument – Einführung in die Grinberg Methode“
Andreas Brieschke (Trainer Grinberg Methode)
Eintritt: 8 € erm. 5 €, um Anmeldung wird gebeten


* Mo., 31. März + Di., 01. April, 20 Uhr
FIELD Performance

Tanzperformance: „Balanced Disorder“, Regie: Carolina Varassi Pega Tanz: Carolina Varassi Pega, Davide Sportelli
Musik: Gerardo Agnese Video: Kathleen Kunath
Eintritt: 4 € erm. 3 €

* Sa., 05. April 2008, 20 Uhr
FIELD Finissage

Destruction – Party
Die Rauminstallation von Christl Mudrak wird von den Besuchern „auseinander“ und mit nach Hause genommen.
Eintritt frei

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VERTIGO
Schwindelgefühl ist etwas, das jeder schon am eigenen Leib erfahren hat. Sei es nach einer Fahrt im Karussell, nach kindlichen Spielen wie dem Eine-Wiese-Hinunterrollen oder dem So-Schnell-wie-möglich-um-die-eigene-Achse-drehen, nach einer allzu ruckartigen Aufstehbewegung oder dem Erlebnis, sich in allzu große Höhen vorgewagt zu haben. Bei all diesen Ereignissen schwingt mit, dass wir unseren Körper etwas aussetzen, dass die gewohnte Ordnung im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf stellt, oben und unten durcheinander wirbelt und uns in einen anderen Wahrnehmungszustand versetzt. Der Verstand wird ausgehebelt, die Kontrolle wird dem Unbewussten überlassen.
Einsatz findet dieser Umstand oft bei spirituellen Ritualen. Die Sufi zum Beispiel, besser bekannt als Derwische, drehen sich beim sema (Trancetanz) um die eigene Achse und versetzen sich gezielt in einen transzendentalen Zustand.
Schwindel kann jedoch neben der lustvollen und der spirituellen auch eine beängstigende Erfahrung sein, wenn der Kontrollverlust nicht intendiert, sondern aufgrund von physischen oder psychischen Störungen auftritt. Verschiedene Bereiche der Medizin forschen daher über den Vertigo (lat. Schwindel, gleichzeitig der medizinische Fachterminus). So kommt es nicht selten vor, dass ein Schwindelpatient einen HNO-Arzt, einen Neurologen, Orthopäden und einen Psychiater konsultieren muss, um eine endgültige Diagnose zu erhalten.

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Für das Projekt VERTIGO hat Christl Mudrak in ihrer ersten Einzelausstellung eine orts-spezifische, installative Malerei geschaffen.
Der gesamte Ausstellungsfläche des Projektraumes wurde mit Papierbahnen verkleidet. Auf diese Weise erschafft die Künstlerin ein amorphes Gebilde, das sie mit raumgreifenden Spiralen bemalt. Die mit Pinsel und schwarzer Farbe aufgebrachten Spiralen irritieren das Raum- und Gleichgewichtsgefühl des Betrachters.
Der Raum als eine fassbare Form, die Orientierung gewährt, löst sich auf. Über die visuelle Wahrnehmung wird eine körperliche Reaktion hervorgerufen, die sich unweigerlich auf den Gefühlszustand des Betrachters auswirkt und auf physikalischen Gesetzen sowie physiologischen Mechanismen beruht.
Man könnte von einem Affekte auslösenden Raum sprechen. Ein Rückkopplungseffekt wird ausgelöst und ein eindeutiges Urteil über Subjekt und Objekt, Innen- und Außenraum, Aktivität und Passivität, wahr oder falsch bleibt verwehrt. Wie im Traum wähnt sich der Betrachter in einem Raum - in dem manch Unmögliches möglich erscheint - der ganz neue Denkräume eröffnet.

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Christl Mudrak absolvierte 2006 als Meisterschülerin bei Katharina Grosse die Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Zur Zeit studiert sie im MFA Programm am Goldsmith College in London. Sie nahm bereits an zahlreichen Gruppenausstellungen teil, im Januar 2008 bei Arti et Amicitiae in Amsterdam und ist eine der FinalistInnen für den Celeste Art Prize 2008.
Für das Studienjahr 2007/08 hat sie eine Lehrtätigkeit im Architektur Department an der Eidgenössischen Technische Hochschule Zürich inne.

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PROGRAMM IM DETAIL

FIELD Diskurslaboratorium
Vertigo – Schwindel als Phänomen in Kunst und Wissenschaft“

Das Initiieren eines Dialoges zwischen Kunst und Wissenschaft ist ein großes Anliegen der FIELD Diskurslaboratorien. Sie bringen WissenschaftlerInnen sowie PraktikerInnen unterschiedlichster Disziplinen und KünstlerInnen verschiedener Sparten zusammen. In den Projekträumen wird der direkte Austausch inmitten und ausgehend von der künstlerischen Arbeit angestrebt. Ästhetische Gesichtspunkte sollen mit natur- und geisteswissenschaftlichen konfrontiert werden.

Was ist Vertigo?
Eine Frage, die in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen wohl unterschiedliche Antworten provoziert, selbst im zweiten Anlauf schwer zu fassen ist und im Mittelpunkt von FIELDs dritten Diskurslaboratiums „Vertigo – Schwindel als Phänomen in Kunst und Wissenschaft“ steht. FIELD setzt bewusst einen medizinisch-kulturwissenschaftlichen Fokus.
Ausgegangen wird von der orts-spezifische Installation Zone von Christl Mudrak, ein Raum voller Spiralen, der ein eignes Universum schafft, die gängige Vorstellung von Raum auflöst und ein unbestimmtes Schwindelgefühl auslöst.

In der Medizin ist Vertigo ein Symptom, dessen Ursachen vielfältig sind. Eine Diagnose bedarf oft der Konsultation verschiedener Experten. Was da eigentlich mit dem Körper passiert, hängt von der Art des Schwindels ab. Was löst das Schwindelgefühl aus? Ist die Ursache rein körperlicher, oder psychischer Natur? Und wie verhält es sich in diesem Zusammenhang mit Zone von Christl Mudrak?

Nun begegnet uns der Vertigo nicht ausschließlich in der Medizin, sondern gehäuft im Alltag durch eine immer rasanter beschleunigte Kommunikations- und Unterhaltungsindustrie. Dem Schwindel wird eine ambivalente Haltung entgegengebracht, er kann angenehme wie unangenehme Gefühle evozieren.
Aber worin liegt der große Reiz am Rausch bzw. die Angst vor dem Taumel?

Kultur- und kunsthistorisch liefert die Betrachtung von Schwindelerfahrungen eine Fülle von Referenzen, sei es bei seiner Nutzbarmachung in rituellen Tänzen, um sich in einen transzendentalen Zustand zu versetzen, der expliziten Auseinandersetzung mit Spiralen beispielsweise bei Marcel Duchamp und in der Op-Art, oder um auf die vielleicht erste Assoziation mit dem Wort Vertigo zu verweisen, den Filmklassiker gleichen Titels, in dem die Verbindung zwischen dem körperlichen Phänomen und dem betrügerischen Schwindel ineinander greifen.

Folgenden Fragen möchte FIELD in der Diskussion auf den Grund gehen:

Wie steht es hier mit dem Verhältnis von Medizin und Kunst?
Wie wird das Phänomen in der Kunst verhandelt? Mit welchen Mitteln werden Schwindelerfahrungen in den verschiedenen Kunstformen, sei es Bildende Kunst, Literatur, Video / Film oder Tanz, sinnlich nachvollziehbar gemacht, gar beim Betrachter ausgelöst? Und worin liegt der große Reiz am bzw. die Angst vor Kontrollverlust?

TeilnehmerInnen:

Dr. Michael von Brevern (Neurologe, Spezialforschung im Bereich der Schwindelerkrankungen; Parkklinik Weißensee, Berlin)
Dr. Thomas Götz (Spezialambulanz für Bipolare Störungen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, TU Dresden)
Andreas Hiepko (freier Philologe)
Dr. Jeannot Simmen (Kunsthistoriker, Kurator, Autor u.a. von „VERTIGO – Schwindel der modernen Kunst“, Leiter Club Bel Etage Berlin)

Christl Mudrak (Künstlerin)

Wann: Donnerstag, 21. Februar, 19 Uhr, Eintritt frei

FIELD Workshop
Der Körper als Wahrnehmungsinstrument – Einführung in die Grinberg Methode“
Christl Mudraks Installation löst über einen visuellen Reiz eine ganzkörperliche Reaktion aus und evoziert Gefühle, die sich der Kontrolle des Betrachters entziehen. Dieser begibt sich zunächst unfreiwillig in einen Zwischen-, einen Schwebezustand und verliert für kurze Zeit die Kontrolle über Körper und Geist.
Die noch relativ junge Grinberg Methode macht sich diesen Effekt gleichermaßen zu nutzen. Über einen primär körperlichen Zugang versucht sie, eine tiefgehende Veränderung und eine gesteigerte Körperwahrnehmung beim Klienten zu erreichen.
Als eine Form des Selbstschutzes bilden wir automatisierte Handlungsweisen aus, die uns suggerieren, einen sicheren Raum zu beschreiten, dabei werden womöglich adäquatere Muster ausgeblendet. Die Grinberg Methode schult Menschen durch Berührung und spezifische Übungen sich als Körper wahrzunehmen und seine Ressourcen zu nutzen, um Neues zu wagen.

Andreas Brieschke, lizenzierter Trainer der Grinberg Methode, führt in einem Workshop in Praktiken der Methode ein. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem Akt der Wahrnehmung, wobei er anhand verschiedener Übungen die Idee der Grinberg Methode veranschaulicht.

Wann: Donnerstag, 13. März, 19:30 - 21 Uhr, Eintritt: 8 € erm. 5 €, um Anmeldung wird gebeten

FIELD Performance
Balanced Disorder“ - Regie: Carolina Varassi Pega Tanz: Carolina Varassi Pega, Davide Sportelli Musik: Gerardo Agnese Video: Kathleen Kunath
Christl Mudrak liefert ein Beispiel, wie Schwindel durch Malerei ausgelöst werden kann. Die argentinische Choreografin und Tänzerin Carolina Varassi Pega wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Tänzern und Musikern ausgehend von der Raumwirkung innerhalb der Installation von Christl Mudrak eine Tanzperformance erarbeiten.
Die Ausgangsfrage dieses work-in-progres ist, welche Wirkung die veränderte Wahrnehmungssituation auf den Körper, seine Bewegung und Koordination im Raum ausübt. Basis der Arbeit wird das Experimentieren und Improvisieren aller Tänzer sein. „We will try to create living moments of intersection between the scenery, the music, the images, the physicality and the public.“

Carolina Varassi Pega absolvierte ihre Ausbildung zur Bühnentänzerin an der Folkwang Hochschule Essen (Leitung Pina Bausch) im Jahre 2003. Als professionelle Tänzerin arbeitete sie bereits mit verschiedenen renommierten Choreografen und Kompanien, u.a. Juan Cruz de Garaio Esnaola (Sasha Waltz & Guests), La Fura del Baus („Die Zauberflöte“, Opera Bastille), Felix Ruckert. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Wann: Montag, 31. März + Dienstag, 01. April, 20 Uhr, Eintritt: 4 €, ermäßigt 3 €

FIELD Finissage
Destruction - Party

Schon immer mal Lust gehabt, ein Kunstwerk zu zerstören? Dann gibt es bei der Finissage – Destruction – Party die einmalige Gelegenheit dazu. Das Finale der Ausstellung bildet eine kollektive Zerstörung der Installation. Diese wird Sinnbild der Vergänglichkeit einer temporären, orts-spezifischen Arbeit.
Die Partygäste können einen Teil der Arbeit selbst entfernen und anschließend erwerben. Abgerechnet wird wie im Baumarkt pro Quadratmeter. FIELD lädt zu einem großen Happening: Bildersturm - Austoben ausdrücklich erlaubt!

Wann: Samstag, 05. April, 20 Uhr, Eintritt frei